Viehzucht vs Umweltschutz
Ein gesellschaftlicher Konflikt der Moderne 2019 - 2022

       Inhalt:     → Stickstoff     → Regierung und Bauern     → Heißer Sommer 2022     → Quellen




Stickstoff - Dicke Luft für den Naturschutz?

Wer erinnert sich noch an das Jahr 2015? Tausende Bauern, angereist aus den verschiedensten Staaten Europas, demonstrierten in Brüssel. Sie protestierten gegen den unaufhaltsamen Preisverfall der Agrarprodukte. Parkende Traktoren blockierten stundenlang das EU-Viertel. Verstörende Bilder gingen um die Welt, auf denen zu sehen war, wie Polizei Wasserwerfer gegen Landwirte einsetzte. Dennoch zwangen die Aufbegehrenden sture Behörden an den Verhandlungstisch. Warum aber stellten sich europäische Bürokraten taub? Befürchteten sie tatsächlich Butterberge? Glaubten die Europaverwalter wirklich an Monsterwellen aus Milchseen? Im Nachhinein sehr zweifelhafte Argumente angesichts der Jahre nach 2015.

Es ist eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit, auf begrenzten Flächen produktiver zu wirtschaften. Und in Europa ist die Landwirtschaftliche Nutzfläche begrenzt. Im vergangenen Jahrhundert diente deshalb der zunehmende Einsatz von Stickstoffdünger wichtigen Ertragssteigerungen. Gegenwärtig ist klar, das diese Maßnahmen nicht linear in die Zukunft fortgeschrieben werden können. Die Überzufuhr ruft eine Störung des natürlichen ⇒ Stickstoffzyklus hervor. Umgekehrt führt langfristiger Nährstoffentzug unweigerlich zum Raubbau. Es ist eine neuzeitliche Aufgabe, stets für ein geordnetes Verhältnis zu sorgen.
Die staatliche Administration bevorzugt strengere Verordnungen für eine Steuerung biologischer Vorgänge. Finden dabei die Potentiale moderner Produktionsfaktoren entsprechende Berücksichtigung? Verfügen die verwaltenden Bürokratien über entsprechende technische Fachkenntnisse? Und welche Technologien muss ein Landwirt heute anwenden? Wissen die Gesetzgeber über modernste Technologien tatsächlich bescheid?
Beim Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert brachten die Wechselwirkungen von Wissenschaft und Technik rasante Erfolge. Erinnert sei hier nur an das berühmte Haber-Bosch-Verfahren, ein technologischer Meilenstein für die Vermeidung weltweiter Hungerkatastrophen. Beim Übergang vom 20. ins 21. Jahrhundert sind vergleichbare Erfolge noch nicht ersichtlich, wenn man vernünftigerweise davon ausgeht, das Fortschritt die Lebensverhältnisse der Menschen verbessern soll und nicht etwa Verschlechterung gebietet.

In der Worterfindung Stickstoffkrise spiegelt sich das Kollidieren entgegengesetzter Meinungsvektoren. Die Erhaltung des Stickstoffgleichgewichts trifft auf die Notwendigkeit der Produktionssteigerung von Lebensmitteln.
Die Interessen der weiter anwachsenden Großstadtbevölkerungen sind in dieser Konstellation nicht wirklich identisch mit den Interessen einer Landbevölkerung, die die hochkomplexen Arbeitsprozesse direkt realisieren muss.
Eine Regierung steht gewollt oder ungewollt vor der Aufgabe, die Entwicklungen so zu gestalten, das die Stabilität der Gesellschaft gesichert bleibt.
Macht sie das, wenn sie die technischen Fortschritt in der Landwirtschaft unbeachtet lässt und für ausreichende Investitionen nicht bereit ist? Liegt sie richtig, wenn sie einer zu schlicht denkenden Stadt-Klientel freiwillig nachgiebt? Findet sie mit strengeren Auflagen für die Produzierenden tatsächlich immer die richtigen Antworten? Es gibt Einflussgrößen, die in der Debatte um die sog. Klimakrise keine Erwähnung finden. Eine solche bisher wenig beachtete Größe ist das Städtewachstum. Auch die Städte sind zunehmender Faktor auf eine Stickstoffzufuhr. Das unkontrollierte Wachstum zentraleuropäischer Großstädte führte zu einem Ballungsraum, den Fachspzialisten scherzhaft die ⇒ Blaue Banane nennen. Auf der europäischen Landkarte ist diese Megaregion zu erkennen. Diese Urbanisierung ist kein Ergebnis einer Planung, sondern entwickelte sich im Zuge langfristiger historischer Prozesse. Wesentliche Gebiete der Niederlande zählen zu diesem Verdichtungsraum mit 413 Einwohnern/qkm. (Zum Vergleich: DS 232/qkm ; Belgien 376/qkm).






Regierung und Bauern
Gebruik je verstand behoud boeren in ons Land

Verwenden Sie Ihren gesunden Menschenverstand, um die Bauern in unserem Land zu retten! Diesen Satz konnte man an einem Traktor mitten in Den Haag am 1. Oktober 2019 lesen.
Das Wort unabhängig hat in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts seine Unschuld verloren. Selbstverständlich nicht das unabhängige Forschungszentrum TNO (mit Sitz in Den Haag), das die Niederland als einen der größten Stickstoffverursacher fest machte, gefolgt von Belgien und Deutschland. Anschließend schätzten staatliche Behörden der Niederlande den Anteil der einheimischen Landwirtschaft an Stickstoffüberträgen bei 46 Prozent, den der Privathaushalte bei 6 Prozent und den Verkehr mit 6 Prozent. Herausgegebene Verfügungen erteilten entsprechende Erlaubnisse. Juristische Überprüfungen beurteilten jedoch die neuen Einschränkungen dagegen als zu wenig förderlich. Das oberste Verwaltungsgericht (in Den Haag) erklärte unter Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofes alles für ungültig. Aber nicht wegen der Zahlen sondern weil die Lösungsvorschläge Naturschutzgebiete nicht ausreichend schützen. Jetzt wurde im Urteil die Viehzucht als Hauptverursacher benannt. Das Kraftfutter sei reich an Stickstoff und obwohl der Großteil davon in Eier, Fleisch und Milch umgesetzt wird, gelange noch zuviel davon als Gülle in die Umwelt.
Man hatte es eilig. Durch das niederländische Gerichtsurteil wurden zunächst Bauprojekte gestoppt. Und man senkte die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 kmh auf 100 kmh. Ein Bündel Sofortmaßnahmen rief erste Einzel-Proteste der Bauern hervor. Dann kam der Oktober 2019. Hunderte Traktoren blockierten die Straßen. Die Sicherheitsbehörden, tüchtig in ihrer Pflicht, warnten nun davor, das die Beschwerden der Bauern von Verschwörungstheoretikern und politischen Extremisten (rechts wie links) vereinnahmt worden sind. Eigentlich lautete das Thema Stickstoffkrise.

Was erscheint da notwendiger, als die sofortige Bildung eines neuen Ministeriums? Mit Beginn des Jahres 2022 nahm ein Ministerium für Natur und Stickstoff seine Arbeit auf: man gab sofort spezielle Grenzvorgaben bekannt, Emissionen sind besonders in der Nähe von Naturschutzgebieten um 70 bis 80 Prozent zu senken. Eine reale Umsetzung dieser Festlegungen bedeutet in vielen Fällen die Reduzierung der Viehbestände. Neue technische Lösungen stehen unter finanziellem Vorbehalt. In welche Richtungen wissenschaftliche Forschung gehen soll, bleibt offen. Ökonomische Anreize orientieren darauf, das die Bauern ihre Höfe und Ställe verkaufen.
Böswillige monieren, hier installiere sich nur eine neue Bürokratie, die in Naturschutzfragen einen politischen Aufhänger findet. Eine gewisse politische Klientel habe hier sichere Existenzplätze gefunden. Die Meinungen gehen immer weiter auseinander.

Technokratisches Vorgehen ist tatsächlicher Schwachpunkt einer Politik, die sich vorrangig dem Schutz der Natur widmen will. Technische Daten, Karten und Formeln bieten unter Umständen Sofortlösungen an und Schicksale von Menschen geraten dabei schnell in den Hintergrund. Gefährlich wird es, wenn Einwürfe und Kritik mit einer politischen Zuweisung versehen werden, die eher einer Diffamierung ähneln als einer Argumentation in der Sachfrage.

Ein gesellschaftliches Problem, leider mit dem Begriff Stickstoffkrise ungeschickt definiert, kann und darf mit Argument und Gegenargument beraten werden. Und wenn ein technokratischer Vorschlag eine zu leichte Lösung anbietet und damit soziale Verwerfungen drohen, ist es richtig, darauf aufmerksam zu machen. Ist ein gewolltes Höfesterben wirklich die einzige Lösung? Bieten technische Neuheiten andere Möglichkeiten? Ziel ist doch die Reduzierung des Stickstoffeintrages und nicht die Beseitigung der landwirtschaftlichen Arbeit. Ist eine technische finanzielle Unterstützung nicht besser als eine moderne (sehr rafinierte) Form des Bauernlegens? Es geht um die Produktion von hochwertigen Lebensmitteln bei wachsender Bevölkerung in einem riesigen Ballungsraum!
Die Befürchtungen der Bauern sind eher gerechtfertigt. Der Vorschlag eines zuvor nicht existierenden neuen Ministeriums könnte letztlich doch dazu führen, das sich finanzkräftige Merkwürdigkeiten die Randgebiete an den Naturschutzgebieten aneignen und letzlich erneut Umweltauflagen verletzen, aber dann ohne Konsequenzen tragen zu müssen. Der SBB hat 2013 mit dem Verkauf von Gebieten 2013 diese Gefahr ungewollt angedeutet.

Wie auch immer, insgesamt dauerten die energischen im Oktober 2019 begonnenen Proteste in den Niederlanden über drei Jahre.Die im Ausland unterstützende Bauerndemonstrationen in Belgien und Deutschland bewiesen die Größe des Problems.




Der heiße Sommer 2022

Seit dem 10. Januar 2022 existiert die neue Funktion einer Ministerin für Natur und Stickstoff. Diese Ministerin legte am 10. Juni 2022 eine Karte vor, auf der geplante Stickstoffreduktionen dargestellt wurden. Die Bauern erkannten ihre Gebiete und zogen noch am selben Abend vor das Haus der Ministerin, um gegen diese Karte zu protestieren. Betroffene Landwirte hatten die Emissionen besonders in der Nähe von Naturschutzgebieten um 70 bis 80 Prozent zu senken. Nach Logik dieser Festlegungen müssten die Höfe ihre Viehbestände kurzfristig erheblich reduzieren. Etwa ein Drittel der Höfe hätte schließen müssen. Die Situation spitzte sich zu als die ersten Bauern am 22. Juni Flughäfen und Autobahnen mit ihren Traktoren blockierten. Fahrverbote wurden ignoriert. Zusätzlich angezündeten Strohballen richteten sich gegen den allgemeinen Verkehr. Mancherorts leisteten sich die Bauern ein Katzundmausspiel mit der Polizei. Auf der A37 nahe der deutschen Grenze lösten sie beim Anrücken der Sicherheitskräfte raffiniert ihre Sperren auf, um sie an anderen Auffahrten sofort wieder zu errichten. Wütende Bauern hatten bereits mit Traktoren die Eisenbahn zwischen Vorden und Winterswijk blockiert und Züge am Bahnhof Lichtenvoorde-Groenlo angekettet. Im Juli blockierten ihre Maschinen die Zufahrten zu Supermärkten und Kanalbrücken. Die Blockaden richteten sich gegen die Handelsketten Jumbo, Albert Heijn und Aldi. Die Bauern beschuldigten sie, mit ihrer Vertragsgestaltung Teil des System zu sein. Mit den leeren Regalen wolle man zeigen, wie es ohne Produkte der Landwirtschaft in den Läden aussehe. Die Regierung setzte Polizeieinheiten und Tränengas ein, um die Proteste aufzulösen. Bemerkenswert ist, das sich im Norden die Fischer den Protesten anschlossen und mehrere Häfen blockierten.
Einzelne Protestaktionen richteten sich direkt gegen Regierungsmitglieder. So durchbrachen die Protestler die Polizeiabsperrungen vor dem Haus der Stickstoffministerin und leerten einen Gülletank. Sicherheitskräfte nahmen Verhaftungen vor. Auf einer Auffahrt an der A32 gaben Polizisten erstmalig Warnschüsse ab. An der Uniklinik Groningen ließen die Protestierenden angelieferte Spenderorgane sofort durch und Krankenwagen wurden nicht behindert.

Interessant ist bei diesen Vorgängen die Rolle von Greenpeace. Die stellte fest, man habe schon in den 1960ern vor zunehmender Düngerverwendung gewarnt, und jetzt sei keine Zeit mehr für kleine Schritte. Die harten Maßnahmen müssen umgehend getroffen werden. Das Beispiel Belgien zeige, das man sich auf eine Reduzierung der Schweinebestände um 30 Prozent bis 2030 geeinigt habe.
Am 3.Juli wurde ein ehemaliger Innenminister als Vermittler angenommen. Mancher hielt den Siebzigjährigen für zu regierungsnah. Doch genau dieser Bauernaufstand macht deutlich, das es bereits gesellschaftsbestimmende gegensätzliche Interessenlagen in der modernen Gesellschaft gibt, die nicht mehr ohne weiteres abgehandelt oder gar ignoriert werden können. Selbst wenn die Medien sie verschweigen oder gar die Positionen vermeindlichen Naturschutzes vertreten (man denke an den wenig intelligenten Spruch: diese Fernsehsendung wurde klimaneutral produziert...!), so ist doch eine besondere Polarisierung erkennbar. Auf der einen Seite stehen alle Arbeitenden der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion, auf der anderen Seite des Konflikts jene Menschen, die bereits keine Verbindung zu wichtigen Produktionsprozessen mehr haben. Zu den letzteren zählt auch jene große Mehrheit, die ein (produktionsloses) Leben in der sicheren Großstadt genießt, ohne zu wissen, welche Anstrengungen und Aufwendungen Lebensmittelproduktion bedeutet. (Generell gilt: in vielen Großstädten der Moderne findet keine wirkliche Produktion von Gebrauchgütern mehr statt.)
Bei all den Ereignissen von 2019 - 2022 entstand zeitweise der Eindruck, das es sich beim Kampf um nachhaltigen Naturschutz eher um einen Klassenkampf von oben handelte.





Zeitereignisse


2019
13.05.2019 Zweihundert Tierschützer besetzen eine Schweinefarm in Boxtel (Nordbrabant) und verbreiten damit Angst unter den Viehzüchtern. Ein Viehzuchtbetrieb muss höchst zuverlässig und stabil geführt werden können. Eine Fabrikbesetzung ist eine völlig andere Kategorie.
Daruf hin organisieren sich die Bauern in Schutzkollektive. Es gründen sich u.a. die Farmers Defence Force und die Agractio.
01.10.2019 Tausende Bauern sammelten sich in Den Haag und organisieren einen Verkehrsstau von über Tausend Kilometern Länge. Auf dem Malieveld wurden Schilder und Zäune absichtlich umgefahren. In einer Rede des Schafzüchters Bart Kemp hieß es, das den Politikern die Intelligenz der Bauern fehle. Die Landwirtschaftsministerin versprach der Menge, das zwar der Viehbestand reguliert werden müsse, aber nicht halbiert wird. Befürworter der Klimaschutzmaßnahmen wurden am Sprechen gehindert. Sicherheitspersonal musste eingreifen. (prüfen: Schafzüchter Bart Kemp)
11.10.2019 In den Provinzen Friesland und Nordbrabant protestierten die Bauern gegen das Stickstoffemissionsgesetz. Die friesische Provinz widerrief das Gesetz.
14.10.2019 Es begann die Protestaktion des Verbandes LTO Nederland, der seine 14000 Mitglieder aufrief, mit ihren Protesten in Gelderland, Overijssel, Drenthe, Groningen, Nordholland, Südholland, Flevoland und Utrecht zu beginnen. In Groningen stürmten die Bauern das Gebäude der Provinzregierung.
15.10.2019 Bauern aus Limburg protestierten vor dem Sitz der der Provinzregierung in Maastrich.
Bauern in Zeeland ließen sich auf Verhandlungen ein.
16.10.2019 Am RIVM-Gebäude in Bilthov organisierte die Farmers Defence Force die Proteste. Die Protestierenden zogen zum Binnenhof in Den Haag und zum Hauptbahnhof. Ein FDF-Anführer drohte mit Bürgerkrieg und behauptete, das der Einsatz des Militärs durch die Regierung eine Mauer aus Einschüchterung und Gewalt errichte. Um Eskalationen zu verhindern, wurden Soldaten zur Straßensperrung eingesetzt als Reaktion auf die Gewaltvorgänge in Groningen.
17.10.2019 Die Bauern organisierten kostenlose Frühstücke für die Einwohner von Den Haag und gingen dann wieder auf die Straßen um zu demonstrieren. Mit Traktoren transportierten sie Altpapier und entsorgten es vor Regierungsgebäuden.
25.11.2019 Bauern und Bauarbeiter parkten absichtlich im ganzen Land an Ausfahrten zu Hauptstraßen, um im Einsatzfall die verbindungen sofort sperren zu können.
13.12.2019 Für mehrere Stunden blockierte die FDF überraschend die Zufahrtsstraßen zum Flughafen Eidhofen, was zu schweren Staus im gesamten östlichen Teil Brabants führte. Auch in Amsterdam und Den Bosch fanden Bauernproteste statt.
17.12.2019 Ein Gerichtsentscheid erlaubte Bauernproteste an geplanten Standorten.
18.12.2019 Für 45 Orte waren Proteste geplant u.a. im Medienpark Hilversum. In Bergen op Zoom blockierten die Bauern ein Chemieunternehmen. Mehrere Grenzübergänge zwischen den Niederlanden und Deutschland wurden gesperrt. An den Sperrungen beteiligten sich auch deutsche Bauern aus Solidarität mit den niederl. Landwirten.
Es gab mehrere Festnahmen und Bußgeldverhängungen.
2020
05.02.2020 Geplante Gespräche zwischen Protestgruppen und Regierungsmitgliedern, bei denen neue Berechnungen der Stickstoffemissionen vorliegen sollten, fanden nicht statt. (prüfen!)
19.02.2020 Die Bauern hielten sich bei ihrem ersten Protest des Jahres 2020 an die Bitte der stadt Den Haag, nicht wieder das Maliefeld zu benutzen. Sie nutzten dafür den (kleineren) Koekamp. Auf den Autobahnen wurden mehrere Traktorfahrer von der Polizei mit Geldstrafen belegt. Innerhalb der Bauern gab es unterschiedliche Auffsassungen zu Autobahnsperrungen. Die FDF hatte davon abgeraten.
Eine gruppe von Bauern versuchte, Aufkleber des EFD am Landwirtschaftsministerium anzubringen. Die Polizei verhinderte das.
06.05.2020 Die Ministerin für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität kündigt an, dass sie einen Höchstwert für den Rohproteingehalt im Futter für Milchvieh festlegen werde. Dieser soll im September in Krafttreten. Ziel dieser Gesetzgebung sei es, die Stickstoffemissionen kurzfristig zu reduzieren. Damit wolle man Möglichkeiten für schaffen, um mehr bezahlbaren knappen Wohnraum bauen zu können. prüfen. Bauern hielten entgegen, das es gegen die Gesundheit der Tiere wäre und zu geringerer Produktion führen würde,
02.07.2020 In den Haag wurde Militär eingesetzt und darauf vorbereitet, im notwendigen Fall die Straßen sperren zu können.
08.07.2020 In der Abfallverarbeitungsanlage in Wijster, Drenthe, kam es zu einer Demonstration, die zur Verhaftung von 57 Bauern führte.
10.07.2020 Dutzende Traktoren blocckierten ein Distributionszentrum von Albert Heijn in Zwolle. Auf Grund der Blockade konnten 230 Filialen nicht beliefert werden. Auch der Hauptsitz von Jumbo in Veghel und der Flughafen Eidhoven wurde mit Traktoren blockiert.
12.10.2020 Das Stickstoffreduzierungs- und Naturverbesserungsgesetz wird zur Genehmigung eingereicht.
2021
10.03.2021 Das Stickstoffreduzierungs- und Naturverbesserungsgesetz wird zur Genehmigung angemeldet.
01.07.2021 Das Stickstoffreduzierungs- und Naturverbesserungsgesetz tritt in Kraft.
07.07.2021 Als Reaktion auf das Vorgehen der Regierung kamen die Bauern mit ihren Traktoren zum Malieveld in Den Haag. Ein Parlamentsabgeordneter (Tjeer de Groot) sprach zu den Protestlern, aber anders als vor anderthalb Jahren, was ihnen auffiel. Landwirte der Farmer Defence Force protestierten in und um Zwolle, Assen, Arnheim und Den Bosch.
2022
10.01.2022 Seit dem 10. Januar 2022 existiert die Funktion einer Ministerin für Natur und Stickstoff.
Das Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität hat zwei Minister: einen Minister für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität und eine Ministerin für Natur und Stickstoff seit 10. Januar 2022.
10.06.2022 Am 10. Juni 2022 legte die Ministerin eine Karte der Niederlande vor, auf der die pro Gebiet zu erreichenden Stickstoffreduktionen dargestellt sind. Noch am selben Abend zogen die Bauern mit Traktoren vor ihr Haus um gegen ihren Plan zu protestieren. Die Ministerein sprach mit den Bauern, aber die Atmosphäre blieb spannungsgeladen.
Eine gleichzeitige Protestaktion von Bauern fand am Hof Sneirewaard statt. Beamte des Landwirtschaftsministers wurden für einige Zeit fest gehalten.
Bauern und Symppathisanten versammelten sich entlang der A28 bei Hoogeveen und der A16 bei Moerdijk aus Protest gegen die Kabinetspläne.
Wichtig! Die "unangekündigten Bauernproteste" wurden von LTO Nederland, von Politikern aller möglichen Parteien und vom Kabinett als inakzeptable Einschüchterung und als Verstoß gegen zuvor mit den Bauern getroffene Vereinbarungen über Protestformen verurteilt. ⇒ Boerenprotesten tegen stikstofbeleid
22.06.2022 Da blockierten die ersten Bauern am 22. Juni Flughäfen und Autobahnen mit ihren Traktoren. Sogar auf Geländen, die garnicht befahren werden durften. Mit angezündeten Strohballen blockierte man zusätzlich den Verkehr.
04.07.2022 Mancherorts leisteten sich die Bauern ein Katzundmausspiel mit der Polizei. Auf der A37 nahe der deutschen Grenze lösten sie bei anrücken der Sicherheitskräfte schnell ihre Sperren um sie an anderen Auffahrten sofort wieder aufzubauen. (4.Juli 22)
Interessant ist, das sich im Norden auch die Fischer an den Protesten anschlossen (4.Juli22) und mehrere Häfen blockierten.
2023
11.03.2023 Protest im Zuiderpark. Etwa 25000 Demonstranten protestierten gegen die Stickstoffpolitik und für eine Entschädigung für Schäden, die durch Bodensenkungen und Erdbeben durch die Gasförderung in Groningen entstanden sind. Die Polizei verhängte Geldstrafen gegen Traktor- und LKW-Fahrer, die ihre Fahrzeuge zum Protest einsetzten.
  Die EU-Kommission erlaubt der niederländischen Regierung, Bauernhöfe in der Nähe von Naturschutzgebieten aufzukaufen und danach zu schließen, wenn sie Grenzwerte der Stickstoffemissionen überschreiten. Die Maßnahmen stünden im Einklang mit den Zielen des European Green Deal. (JW 5.5.23)
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Literatur Zitate Begriffe

Niederländische
Stickstoffkrise
Stickstoffkrise in den Niederlanden bezeichnet eine ökologische und rechtliche Situation seit 2019 nach einem Urteil einer Abteilung des Staatsrates.
Blaue Banane Der Begriff ⇒  Blaue Banane bezeichnet eine Megaregion in Europa, deren Urbanisierung eine Kette von Ballungsräumen bildet. Dieser Verdichtungsraum ist kein Ergebnis einer Planung, sondern hat sich im Zuge langfristiger historischer Prozesse entwickelt. Gebiete der Niederlande gehören dem Verdichtungsraum an. Die Niederlande zählen mit 413 Einwohnern/qkm zu den am dichtesten besiedelten Ländern (DS 232/qkm ; Belgien 376/qkm).
Daten über direkte Umwelteinflüsse der Großstädte werden wenig bekannt gemacht. Beispielsweise sondern 1 Mio Einwohner einer Stadt jährlich etwa 7 000 Tonnen Stickstoff an die Umwelt ab.
Agrochemie
Tierchemie
Justus von Liebigs (1803-1873) Interesse galt der Förderung der Landwirtschaft mit dem Ziel: Verhinderung der verheerenden Hungersnöte der damaligen Zeit. Liebig hatte 1816 im ⇒  Jahr ohne Sommer selbst eine erleben müssen. Seine Erkenntnisse fasste er 1840 und 1842 in zwei Werken zusammen: »Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie«, kurz Agriculturchemie genannt, und »Die Thierchemie oder die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie.«. Die Agrikulturchemie, in der er die Mineraldüngung propagierte und ihre Bedeutung für Qualität und Ertrag der Pflanzen erklärte, erlebte neun Auflagen und wurde überdies in 34 Sprachen übersetzt. Die praktische Anwendung seiner Lehre führte seither zur Vervielfachung landwirtschaftlicher Erträg.
Es ist heutzutage wieder wichtig, diesen historischen Hintergrund zu kennen. Die Ernährung großstädtisch organisierter Gesellschaften wäre ohne Kenntnis der Liebig’schen agrikulturchemischen Grundaussagen nicht möglich geworden. Warum Justus Liebig seine Forschungen betrieb, ist im heutigen Großstadtmilieu in Vergessenheit geraten.
Stikstofwet Das Stickstoffreduzierungs- und Naturverbesserungsgesetz vom 10. März 2021 ist ein niederländisches Gesetz, das die Reduzierung von Stickstoffemissionen regelt. Das Gesetz ändert das Naturschutzgesetz und trat am 1. Juli 2021 in Kraft.
Staatsbosbeheer SBB ist der größte Forst-und Naturverwalter der Niederlande.
Im Jahr 1899 gegründet, 100 Jahre später (1997) privatisiert. Als Reaktion auf staatliche Kürzungen begann SBB 2013 mit dem Verkauf von Forst-und Natur-Standorten.
TNO Im TNO-Gesetz, ursprüngl. vom 30.10.1930, sind Aufgaben, juristischen Bedingungen und die Beziehungen zur Regierung festgelegt.
Das TNO (Bilanzsumme von ca. 600 Mio €, 3900 Mitarbeiter-2013) bezieht seine Erlöse zu einem Drittel aus öffentlicher Hand.
Ministerin für Armutspolitik, Beteiligung und Renten Umbenennung seit 10.01.2022 Ministerin für Armutspolitik, Beteiligung und Renten, zuvor Ministerin für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität (26.10.2017-10.01.2022)
Die Ministerin wurde mit Bauernproteten wegen staatlicher Vorschriften zur Verringerung des Viehbestandes konfrontiert. Im Jahr 2020 schlug sie vor, dass die EU damit beginnen solle, die Tierschutzvorschriften anzupassen. Ab 2021 leitete sie die Bemühungen um Gesetze zur Verringerung schädlicher Ammoniakbelastung.
Ministerin für Natur und Stickstoff Am 10. Juni 2022 kündigte die Ministerin die neuen Stickstoffpläne an, die eine Reduzierungspflicht der Stickstoffemissionen um 70 % in 131 Naturnahen-Gebieten beinhalten. Damit können zukünftig nicht alle Landwirte ihre Tätigkeit fortsetzen.
BBB BoerBurgerBeweging 2019 gegründet, BBB Wahlsieger in zahlreichen Kommunen bei Provinzwahlen 2023.
Aus einer Zeitung am 23.3.2023: "...zuvor war die rechtspopulistische Bauern-Bürger-Bewegung BBB in einem Erdrutschsieg stärkste Kraft in den niederländischen Provinzwahlen geworden, während die Regierung ... abgestraft wurde."

Bauernproteste in den Niederlanden 2019-2022 • Umweltschutz und Viehzucht • © Dipl.ing. Hans Holger Lorenz • bauernkriege.de • Stand: 25. Mai 2023