Contestado (1912 bis 1916)





oben: Lage der Araukarienwälder in Brasilien und die Fahne der Aufständischen
links: Karte des Kampfgebietes und der Eisenbahnlinie
Sao Paulo - Rio Grande








Guerra do Contestado - war der Umstrittene Krieg ein Bauernkrieg?

In deutschen Übersetzungen aus dem Portugiesisch wird dieser Guerillakampf, der über vier Jahre währte und 20000 Menschenleben gekostet haben soll, zuweilen Der Umstrittene Krieg genannt. Bei den meisten Historikern erscheint er nicht in der Reihe jener Bauernkriege, die sich in der langen Geschichte sozialer Kämpfe in der Welt ereigneten. Gern betont man die religiösen Momente des Guerra do Contestado. Oft wird die Ähnlichkeit mit dem → Canudos-Aufstand erkannt. Dabei stechen tatsächlich folgende Merkmale hervor: Mönche verkünden christliche Glaubensgeschichten. Strengster Katholizismus verbindet die Aufbegehrenden. Gebete motivieren sie zum Kampf. Diffuse Hoffnungen auf die Sebastianiten treten hervor und Forderungen zur Rückkehr der Monarchie werden laut. Das beide Aufstände wesentliche Charakterzüge von Bauernbewegungen trugen, wird nicht gern deutlich gemacht.
Die Unterschiede zwischen den Revolten von 1893 und 1912 sind gravierend. Zieht man die aktuellen Vorgänge in der Welt jener Jahre in die Betrachtungen hinein, werden sehr materielle Beweggründe sichtbar. Eine solche Untersuchungsposition scheint angesichts der geographischen Lage der Unruheherde in den Hinterwäldern Brasiliens zuerst aussichtslos. Was haben die Geschehnissen im tiefsten Urwald mit der großen Politik der Welt zu tun?
Scheinbar liegen fast 20 Jahre zwischen beiden Kriegen. Die Orte des Geschens trennen Hunderte von Kilometern. Zwangsläufig fällt daher der erste Blick des Historikers auf die Glaubensverkünder, die in beiden Regionen unterwegs waren. Diese Prediger ertstanden bekannterweise aus unglaublich miserablen Lebensbedingen, die in abgelegenen Gebieten Brasiliens herrschten. In der Zwischenzeit hatte sich jedoch die Welt insgesamt stark verändert. Das industrielle Zeitalter begann, die technische Revolution blieb nicht mehr national beschränkt. Beispielsweise büßte Großbritannien, lange Jahrzehnte die Werkstatt der Welt, seinen Vorsprung als Vormacht nahezu unbemerkt ein. Ein neuer starker Konkurrent blieb nicht mehr nur beim Anmelden seiner Interessen sondern begann sie durchzusetzen. Der Präsident der USA, Theodore Roosevelt (1901- 1909) formulierte die neuen Ziele mit seiner → Roosevelt-Corollary genannten Erweiterung der → Monroe-Doktrin.

Es wirkt heute scheinbar absurd, das die Auswirkungen hochpolitischer Erklärungen sich bis in die letzten Hinterwäldler erstreckten. Aber sie werden deutlicher beim Betrachten der Unterschiede zwischen 1893 und 1912.
1893 fanden sich in →  Canudos die ärmsten Brasilianer zusammen und errichteten eine unbedeutende Siedlung in der lebensfeindlichen Halbwüste des Sertao. Es gab keine Nahrung, keine Rohstoffe und fast kein Wasser. Der gegen sie geführte Krieg fand kaum materielle Ursachen, es sei denn, freie und selbstbestimmte Arbeit, die nicht von Gewinnstreben gelenkt wird, wäre eine unliebsame Erscheinung und müsste daher ernsthaft bekämpft werden. Die weit abgelegene Lage Canudos von den neu erwachsenden Zentren Brasiliens bildete jedoch keinen dauerhafte Gewähr für eine ungestörte freie Existenz, wie das blutige Ende der Siedlung 1897 zeigen sollte. Kein Aufwand schien der Regierung zu groß zu sein, um ausbeutungsfreie Bestrebungen zu ersticken, keine politische Verleugnung dunkel genug, um Verbrechen zu verbergen.
Ganz anders die Verhältnisse zwanzig Jahre später im Krieg von Contestado. Weit ausgedehnte Wälder mit großen Holzbeständen und hunderttausenden Hektar fruchtbaren Bodens bestimmten das Contestado-Plateau. Die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hier begonnene Landwirtschaft der spontanen Siedler bewies, das mit Wasser und Klima günstige Bedingungen herrschten. Bei fleißiger Arbeit konnte man vieles erwirtschaften. Hier gab es also einiges zu holen! Und hier hatten die regulären oder irregulären Anwohner etwas zu verteidigen!

Das weckte die Begehrlichkeiten der oberen Hierarchien, die umgehend ein Gesetz über Landkauf verfassten. Jahrzehnte später schien es unwichtig zu sein, das es noch aus alten Kaiserreich stammte. Das Bodengesetz von 1850 bestätigte den Großgrundbesitzern erst einmal Anrechte. Zugleich enthielt es ein Verbot einfacher Inbesitznahme von Neuland, legte Verkaufsbedingungen für Gebietskäufe fest und bestimmte die Eintragung in Grundbücher nach entsprechender finanzieller Abgabe an die Krone. Damit war Land nur denen zugänglich, die großes Kapital oder ausgedehnte Ländereien besaßen. Scheinheilig erlaubte es die Wiedereinrichtung von Aldeias, aber viel wichtiger war, das nicht angemeldetes Land als besitzlos galt. (1) Das die in den Wäldern seit Jahrhunderten unabhängig lebenden Indianerstämme (z.B. die Guarani) von Grundbucheintragungen natürlich nichts wußten, spielte keine Rolle. So konnte 1889 ein Ingenieur mit Konzessionen für Straßenbau Boden mit bis zu 30 km breiten Randstreifen zur Strecke kaufen, da die brasilianische Regierung das Land für unbesetzt erklärt hatte. Die Sache blieb danach erst einmal auf dem Papier, bis der Plan zum Bau einer Eisenbahnlinie interressant wurde. (2)
Fehlende Eindeutigkeit in Rechtslagen ist die Treibhaus-Bedingung für dubiose Aneignungsverfahren. Wenn sie davon partizipieren können, wissen Behörden immer, wie Unsicherheiten zu organisieren sind. Die Bürokraten der Contestadoregion trugen jedenfalls das ihrige dazu bei. Verschiedene Zuständigkeiten trafen mangelhafte Entscheidungen, hoben sie wieder auf um neue durch Bestechung parteiliche Bescheide herauszugeben (eine der Vorraussetzungen für Bauernrevolten). Zufällig zogen ausgerechnet Großgrundbesitzer und Immobilienhändler immer Vorteile daraus. Landenteignungen und Bodenspekulationen im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbau verschärften die Situation. Im Oktober 1912 kam es daher unvermeidlich zur ersten schweren Auseinandersetzung.
Die Grenze zwischen den Bundesstaaten Santa Catarina und Parana waren noch nicht eindeutig gezogen. Die Behörden meldeten unterschiedliche Ansprüche an. Das geht immer und in jedem Land auf Kosten der kleinen Leute. In diesem Fall trug man es auf dem Rücken der Landbewohner ohne Vermögen, der Waldarbeiter ohne Boden und der Indios ohne Heimat aus. Den einst daraus hervorgegangenen Siedlern, die sich seit Jahrzenten ohne Anmeldung bereits etabliert hatten, sprach man nun die Nutzungsrechte auf Grundlage des Gesetzes von 1850 ab. 1908 meldete sich die Eisenbahn mit zusätzlichen Ansprüchen. Wuchernde Bodenspekulationen heizten die sozialen Spannungen an.
Seit 1909 plante eine Union Farquhar von Miami (USA) aus Wirtschaftsaktionen in Südbrasilien. Die Zuspitzung der Konflikte fällt zusammen mit der Ansiedlung einer Firma, die im Volksmund abschätzig nur Holz genannt wurde. Die Südbrasilien Lumber & Colonization Company wurde in den USA von Percival Farquhar gegründet und bildete ein Tochterunternehmen der Eisenbahn Sao Paulo - Rio Grande do Sul. Der Farquar Trust umfaßte Firmen und Immobilien in verschiedensten Ländern auf der ganzen Welt. Ein Schwerpunkt bildeten seine Positionen in Lateinamerika und insbesondere in Brasiliens Regionen. Im Unterschied zu reinen Handelsunternehmen produzierten seine Fabriken Elektrizitätswerke, Hafeneinrichtungen, Schiffe und Eisenbahnen. In jener Zeit soll Farquhar 250000 qkm Boden in Brasilien erworben haben.
Die neue Eisenbahnlinie schuf Verbindungen zwischen dem Inneren des Staates Rio Grande Do Sul und den Zentren Paranas. Sie führte bis an die Küste. Dabei durchquerten ihre Gleise die ausgedehnten Araukazienwälder. In ihnen standen zwischen bis zu 50 Metern hohe Araukarien auch herrliche Zedern und starke Walnussbäume, also Holz von hervorragender Qualität. Für die Amerikaner galten diese Contestado-Gebiete unerforscht und dünn besiedelt. Einst hatte Brasilien um die weit von der Hauptstadt entfernte Region mit Argentinien gestritten. Jetzt begann man neben der Bahn große Sägewerke einzurichten. Den Anwohnern wurde immer deutlicher, worum es den neuen Herren ging. Das Holz, das hier ab 1910 in unglaublichen Mengen geschlagen wurde, war außergewöhnlich für den Weltmarkt. Die Stämme der über hundert Jahre alten Bäume waren gerade gewachsen und boten über einen Meter Durchmesser. Seit den 1880er Jahren hatten hier die wenigen Siedler schon Holz geschlagen für ihren Bedarf. Damit kam der Wald gewissermaßen zurecht. Nun begann ein Raubbau, den es bisher noch nicht gegeben hatte.(3) Um 1910 wurde den Bauern die Furcht um ihren Boden unerträglich. Die Eisenbahn entließ erstmalig Arbeiter, die sie nicht mehr benötigte und brach dabei gegebene Versprechungen. Grund genug für die Holzfäller, sich den empörten Siedlern anzuschließen. Die Regierung beharrte darauf, das das Land unrechtmäßig besetzt wurde und erklärte den nordamerikanischen Millionär Faquar zum Statthalter der Region.
Zur gleichen Zeit breitete sich unter der Bevölkerung eine religiöse Anschauung aus, die von der Presse Messianismus genannt wurde. Es war kein Wunder, das religiöse Versprechungen bei den kleinen Leuten offene Ohren fanden. Für die in größter Unsicherheit Lebenden boten sie Trost und gewissen Halt. Der neue Verkünder nannte sich Mönch Jose Maria. Er versprach eine gerechtere Welt und erklärte, das es in dieser abgelegenen Region genügend Land für alle gab. Offenbar handelte es sich um einen hervorragenden Organisator, der zugleich die arme Patienten kostenlos behandelte, denn er beherrschte auch medizinische Kenntnisse. Seine Anhängerzahl wuchs ständig und sie erklärten ihre freien Dörfer zu Hochburgen ihres Glaubens und für unabhängig von der käuflichen Regierung der Republik. Deren Gesetze zeigten sich an Hand blühender Korruption und wildester Bodenspekulationen als Teufelswerke. In diesen Hochburgen wurde Gewinnversprechender Handel abgeschafft und ähnlich wie → 1896 in Canudos galt der einfache Warenaustausch. Frauen waren gleichberechtigt. Für die Kinder sollte es Schulen geben. Jedes freie Dorf bekam seinen Heiligen und Ehrengarden aus Reitern.
Der Mönch Jose Maria lud ein zum Fest des Guten Herrn Jesu in der Stadt Taquarucu der Gemeinde Curitibanos. Etwa 300 Anhänger begleiteten ihn. In diesen Wochen des Jahres 1912 hielt er seine Predigten und behandelte fachkundig kranke Bauern. Entlassene Arbeiter aus dem Eisenbahnbau gehörten ebenfalls zu seinen Patienten. Als Obdachlose hatte man sie einst mit Verträgen zur Arbeitsaufnahme in den abgelegenen Wäldern geködert. Nach getanener Arbeit ließ man sie hier zurück. Ohne Arbeit, ohne Geld und wieder ohne Wohnung hatten sie Motive genug, um sich in großer Zahl den Unzufriedenen anzuschließen.
Das forderte die örtlichen Herren heraus, die mißtrauisch den zunehmenden Einfluß der als Sekte verschrienen Bewegung beobachteten. So telegrafierte der Polizeichef an die Landeshauptstadt einen Hilferuf, die Rebellen hätten die Monarchie in Taquarucu ausgerufen.
1912 führte Hermes de Fonseca die brasilianische Zentral-Regierung. Der Berufsmilitär aus Rio Grande Do Sul stammend, wurde 1910 gewählt. Die Amtsgeschäfte des Marschalls, Neffe des ersten Präsidenten der Republik, widerspiegelten seine militärischer Grundhaltung. Schnell entschied Fonseca die Entsendung von Truppen in die abgelegene Region, um die religiösen Geister zu beruhigen. Weil Jose Maria offenbar davon Kenntnis erhielt, wechselte er mit seinen Leuten das Staatsgebiet, ging nach Irani, das zum Staat Parana gehörte und mit dem Bundesstaat Santa Clara Rechtsstreitigkeiten ausfocht. Parana sendete daraufhin Oktober 1912 nun eigene Streitkräfte aus, um jegliche Eindringlinge zurück zu treiben. Dabei hatte man nicht ausschließlich die Rebellierenden im Blick sondern schaute auch besorgt auf den Nachbarn.
So begann der Umstrittene Krieg im Oktober 1912. Massenhaften Landbesetzungen sollten Polizeieinheiten Paranas vorbeugen. Sie hofften, die Empörten zu zwingen, nach Santa Catarina zurückzukehren. Aber die Dinge liefen nicht wie geplant. Die blutige Auseinandersetzung zwischen Regierungstruppen und Anhängern des Contestado entbrannte ziemlich spontan an einem Ort namens Banhado Grande. Am Ende des Gefechts waren Dutzende Tote auf beiden Seiten zu beklagen. Die Rebellen konnten große Mengen an Waffen und Munition erobern. Unter den Toten fand sich der Befehlshaber der Polizei, Oberst Gualberto João. Auf der anderen Seite war der Rebellenführer Mönch Jose Maria gefallen. Seine Anhänger erfochten jedoch am 22. Oktober in Irani ihren ersten Sieg. Man begann Jose Maria als Mätyrer zu verehren. Seine Widerauferstehung wurde von den einfachen Menschen ehrlich erwartet. Dieses religiöse Motiv bestärkte die sozialen Beweggründe der Aufständischen. Die anschließende Kriegsführung entsprach im gewissen Sinn einem Guerilla-Krieg. Eisenbahngleise wurden zerstört, Züge zum Entgleisen gebracht, Sägewerke niedergebrannt, Lohnkassen gestohlen u.s.w. Die Aufständischen operierten nach dem Tod ihres Anführers in verschiedenen lokalen Einheiten. Eine besonders erfolgreiche führte eine Frau an. Die daraus entstandene Volkslegende bewundert sie noch heute als Jean d'Arc des Waldes. Einst soll die Fünfzehnjährige Maria Rosa wie ein Mann gekämpft haben. Selbst in Weiß gekleidet, mit Blumen im Haar und am Gewehr ritt sie auf einem weißen Pferd mit kostbarem Geschirr aus Samt den Rebellen vorran. Sie übernahm die religiöse und militärische Führung von 6000 Contestado-Leuten. Maria Rosa fiel am 28. März 1915 im Kampf und starb am Ufer des Caçadores.

Von März bis Mai 1914 starteten mehrere Strafexpeditionen gegen die Contestado-Verteidiger. Zwar war am 9. März Taquarucu vollständig zerstört worden, aber die Aufständischen konnten die Soldaten noch einmal in die Flucht schlagen. Nun schufen sich die Insurgenten in ihren verbliebenen Hochburgen eigene Organe und Gesetze. Es wurden mehrere neue Ansiedlungen gegründet, in der bis zu 2000 Anhänger lebten. Ab 2. September erklärten sie mit einem Monarchistischen Manifest der Republik ihren Heiligen Krieg. Ihren gefallenen Anführer verehrend, machte sich der den Sebastianiten verwandte Glaube breit. Er war Ausdruck der Hoffnung auf die Wiederkehr eines gerechten Königs.(4)

Im von Percival Farquhar beherrschten Gebiet galten andere Gesetze, auch nicht die der brasilianischen Zentralregierung. Spezielle US-amerikanische Regelungen bestimmten den Alltag, z.B. galten die Feiertage der USA. Facharbeiten bot die Firma hohe Löhne. Für die Maschinen der Sägewerke wurden Spezialisten aus den USA eingeflogen. Die ökonomischen Ergebnisse und Profite der Südbrasilien Lumber & Colonization Company wurden regelmäßig in den oberen Konzernetagen ausgewertet.(5) Das Unternehmen konnte sich eine Privatpolizei in der Stärke von 300 Mann leisten. (L4 S.13) Zudem zogen sich enge Verbindungen zu den lokalen Obrigkeiten. Das betraf zum einen die wichtigsten Regierungsleute der Bundesstaaten Parana und Santa Catarina aber auch die Verwaltungsbürokratie der Justiz und Transportbehörden. So verteidigte der Vicepräsident von Parana (Alfonso Camargo) die Angelegenheiten der Südbrasilien Lumber & Colonization Company. Der Anwalt Nereus Ramos, Sohn des ehemaligen Gouverneurs Vidal Ramos war seit 1916 offizieller Interessenvertreter der Holz bei der Regierung von Santa Catarina. Ein ganzes Netz solcher Amigos legte Farquhar über die Behörden und Zivileinrichtungen.
Für die Verwüstung der Araukarienwälder im Süden Brasiliens richtete die Südbrasilien Lumber & Colonization im Staat Parana 174 Sägewerke ein, 52 entstanden im Staat Santa Catarina. Es ging um Milliarden von Kubikmetern hochqualitativen Holzes, das exportiert wurde. Pinienesporte Brasiliens In diesem Zusammenhang muß der Bau der Eisenbahnlinien gesehen werden. Der Wunsch der Erschließung des Gebiets für die moderne Zivilisation spielte eher eine untergeordnete Rolle. Das zeigte auch eine merkwürdige Besonderheit des Bahnlinieverlaufs. Da der Bau nach Kilometer Strecke bezahlt wurde, vermied man Brücken und Abkürzungen. Ausschlaggebend war der gezielte kostengünstige Raubbau an den Wäldern. Das Holz bildete den günstigen Rohstoff für den Schiffbau, für den Eisenbahnbau und für den Häuserbau vorrangig in den Vereinigten Staaten aber auch für die Versorgung der Kriegsmächte der Entente in Europa.

Modernste Waffen wurden gegen die Aufständischen eingesetzt. Dazu zählten in Brasilien erstmalig Flugzeuge. Der tödliche Absturz des ersten Piloten der Brasilianischen Armee machte ihn zu einem Helden, der noch heute von den Armeeangehörigen verehrt wird.(6)

Der Bauernkrieg weitete sich schließlich aus und tobte durch Dutzende Städte in Santa Catarina. Es ging um über 6500 qkm Boden. Vier Jahre währte das Ringen. Das Militär bediente sich seit September 1914 einer neuen Strategie. Direkten Gefechten wichen die Soldaten aus. Mit über 7000 Mann sicherten Armee und Polizei jedoch die Eisenbahnlinien. Die Region um Santa Maria wurde umzingelt. Die Belagerer schnitten die Insurgenten von allen Versorgungsmöglichkeiten ab. Gleichzeitig versprach man scheinheilig, jenen das Land zu geben, die sich ergeben würden. Die den Kampf jedoch fortsetzen sollten, hätten eine harte Strafe zu erwarten. Das letzte Oberhaupt der Aufständischen, Deodato Manuel Ramos, Adeodato genannt, soll noch etwa 50000 Menschen angeführt haben. Seit Februar 1915 standen den stark bewaffneten und gut versorgten Angreifern nur von Hunger und Krankheit geschwächte und schlecht bewaffnete Kämpfer gegenüber. Im folgenden April waren die letzten Hochburgen so gut wie ausgestorben. Die wenigen Überlebenden hatten sich in umliegende Wälder zurückgezogen oder zerstreuten sich in die Städte. Die letzte Hochburg fiel im Dezember 1915. Adeodato versteckte sich noch acht Monate lang erfolgreich vor den Häschern. Hunger und Krankheit zwangen ihn August 1916 zur Aufgabe. In Gefangenschaft wurde er zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt. Bei einem gescheiterten Fluchtversuch soll er sich selbst umgebracht haben, nach offizieller Version.

Damit endete ein Kampf zwischen den als Messianisten verschrienen Anreinern, die ihren Boden und ihren Wald verteidigten und den von der Zentralregierung eingesetzten Militärs, die im Interesse transnationaler Trusts operierten. Vermutlich mußten dabei Zwanzigtausend Menschen ihr Leben lassen, eine genaue Zahl ist nie bekannt geworden. Nach über vier Kriegsjahren, gekennzeichnet von Menschenjagt und mörderischen Gefechten, die die Contestado-Region erschütterten, legte man endgültig die Grenzen zwischen den Bundesstaaten fest. Die erschütterte Macht der Großgrundbesitzer konsolidierte sich erneut, und der Raubbau an Holz ging von nun an ungehindert weiter.
Von den traurigen Geschehnissen 1897 in Canudos bis zu den Tragödien 1916 im Contestado zieht sich historisch eine blutige Linie. Sie ist der überdauernde Beweis dafür, das eine, und besonders eine sich aufgeklärt und modern gebende "Elite" eines Staates über Jahrzehnte hinweg Willens ist, die Interessen der eigenen Bevölkerung zu ignorieren. Welches Motiv könnte ein redlicher Historiker dafür finden?   Habgier?





Fußnoten:

(1) Parallelen finden sich weltweit fast zeitgleich. Auch in Nordafrika und in Asien wandte man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgreich die Formel Land ohne Nutzer an, um Boden zu besetzen. So zerbrach im Gebiet um Palästina abrupt das friedliche Nebeneinander der Bevölkerung als im 19.Jahrhundert einwandernde Europäer Landnahmen organisierten. Die Rechtfertigung jener Zeit behauptete, das die Erschließung menschenleeren Landes notwendig sei. Dubiose Interessen formulierten sich als Gesetz, in Landvermessungen und über notwendige Eintragungen. Der Registrierungszwang ging einher mit Strafandrohungen. Eine Bodenrechtsreform formalisierte 1858 den Besitzerwerb, 1867 wurde Ausländern der Landkauf gestattet. Zu den Folgen zählte das Entstehen von Großgrundbesitz, die Privatisierung bislang gemeinschaftlich genutzten Weidelandes und die Abschaffung der traditionellen Gewohnheitsrechte für die freie Benutzung des Wassers.
In Korea forderte 1894-1895 der Tonghak-Aufstand (Dong-Hag) das feudale Herrschaftssystem heraus. Der Tonghak-Religionsbegründer Tschö Che-U stellte die Frage: "Habt ihr gewußt, daß wir zur Gleichheit zurück kehren?" Auslöser des Aufstandes waren besonders ungerechte Handlungen eines Distriktvorstehers in Kobu. Der Bauernaufstand wurde mit ausländischer Hilfe (japanischer und chinesischer Truppen) niedergeschlagen. In der anschließenden Landvermessung verloren die Bauern ihre Besitzrechte, weil sie die erforderlichen Eintrags-Zahlungen nicht leisten konnten. Der Boden ging an ausländische Großgrundbesitzer.
Bei einem späteren Fall in China verkaufte die Quing-Regierung 1911 die Baurechte für die Bahnlinien zwischen Quangzhou und Hanyang. Die damit ausgelösten Bauernaufstände in Sichuan und Hunan, Hubei und Guangdong leiteten den Wuchang-Aufstand ein, der die Quing-Herrschaft erfolgreich beendete.

(2) Bei dem Ingenieur handelte es sich vermutlich um João Teixeira Soares. Man hatte ein ausländisches Unternehmen beauftragt, die Eisenbahn im Jahre 1890 von dem Ingenieur zu beginnen. Diese Eisenbahn würde die Städte São Paulo mit Santa Maria verbinden. Teixeira realisierte das Projekt nicht. Die Zuständigkeit wurde 1908 auf Brasilien Eisenbahngesellschaft übertragen, die als Nord-amerikanischen Unternehmen zum Besitz von Percival Farquhar gehörte.

(3) Die Situation erinnert an den Holzeinschlag in Europa zu Beginn der Neuzeit. Allerdings setzten die technischen Gegebenheiten um 1500 dem Raubbau gewisse Grenzen, die die Auswirkungen auf das soziale Leben der Menschen auf Jahrzehnte dehnte und somit nicht so plötzlich gravierend spürbar machten. Der beginnende Einsatz von Kohle zu Beginn des Industriezeitalters rettete wenigstens Rudimente der europäischen Wälder.

(4) In der Geschichte des Mutterlandes Portugal zählt die Schlacht von 1578 gegen die Mauren zu den schlimmsten Niederlagen. Dabei fand der König Dom Sebastiao den Tod ohne das man seinen Leichnam fand. Spätere messianische Bewegungen in Portugal und in Brasilien widerspiegelten den Wunsch der "unteren" Volksschichten nach der Widerauferstehung des Königs zur nationalen Befreiung.

(5) Fachkundige Historiker verweisen darauf, das die Größe des weltweiten Unternehmens erstmalig die Konflikte der Leitung und die Reibungsverluste komplexer Prozesse in derartig vernetzten Trusts deutlich machte. Es wird vermutet, das stetig anwachsende Hierarchien die Firma immer schwerfälliger werden ließen und später Farquhar sogar in den Ruin trieben. Nicht nur in Staatsorganen blähen sich bremsende Bürokratien auf. Das gilt genau so für übergroße Trusts, in denen sich Strukturen verfestigen können. Verschiedene innere Interessengruppen, von eigene Motiven angetrieben hemmen sich dann gegenseitig, um ihre individuelle Existenz zu sichern.

(6) Die neue Technik des Flugwesens, eigentlich erst im Entstehen, setzten Militärs auch in anderen Regionen der Welt gegen revoltierende Bauern ein. So wurden zur Niederschlagung der Bauernrevolten während der Ägyptischen Revolution 1919 Flugzeuge in Nordafrika eingesetzt und über hundert Dörfer durch Strafmaßnahmen der britischen Armee dem Erdboden gleich gemacht.
Im gleichen Jahr warfen spanische Piloten Gasbomben von Flugzeugen aus über marokanische Dörfer ab, als der Aufstand der Rifkabylen in Marokko bekämpft wurde.








Zeittabelle

Jahr ausgewählte Ereignisse Hinweise und Quellen
1850 Im Kaiserreich Brasilien wird ein Bodengesetz dekretiert.
1891 Platzen einer Spekulationsblase (Crise do encilhamento), Abwertung der Währung, Bankenpleite.
Belastungen aus dem Canudos-Krieg und hohe Schulden aus der Kaiserzeit führem zum Haushaltsdefizit.
(L1 S. 123)
1898 Schuldenmoratorium mit britischen Gläubigern in London. Die Rothschild-Bank gibt einen Kredit (8,6 Mio Pfund) zur Schuldentilgung, dafür muß Brasilien seine Zoll-Einnahmen verpfänden und eine Deflationspolitik betreiben. (L1) S. 124
1900 Die Bundesstaaten Santa Catarina und Parana führen gerichtliche Ausseinandersetzungen in Grenzfragen.
1903 Die Auslansschulden steigen auf 68,7 Mio Pfund.
Die Bundesregierung gestattet den Verkauf der Waldgebiete entlang der Brasilien-Bahn.
(L1 S.124)
(L4)
1908 Der Bau der Eisenbahn Sao Paulo - Rio Grande Do Sul beginnt.
Von 1908 bis 1914 kommen jedes Jahr Eisenbahnstrecken in Länge von 1000 km zum Eisenbahnnetz Brasiliens hinzu.
Die Südbrasilien Lumber & Colonization Company siedelt sich in Calmon an.
1909 Die Union Farquhar plant und organisiert in Miami (USA) die Waldnutzung entlang der Eisenbahn Sao Paulo - Rio Grande.
1910 Der großteil der Eisenbahnlinie Sao Paulo - Rio Grande ist fertig gestellt.
Viele Arbeiter werden entlassen.
Die Südbrasilien Lumber & Colonization Company kauft Land im Contestado-Plateau
u.a. (L4)
1912 In der Stadt Curibitanos (Bundesstaat Santa Catarina) kann der Mönch Jose Maria St. Augustine Anhänger um sich sammeln. Diese ziehen in das Gebiet Irani.
22. Oktober: Kämpfe zwischen den Parana-Truppen des Oberst Gualberto João und den Aufständischen unter dem Mönch José Maria in der Stadt Irani.
1914 8. Februar: Der Bund und die Staaten Santa Catarina und Parana entsenden ein gemeinsames Truppenkontingent von 700 Soldaten, unterstützt von Artillerie und Maschinengewehren gegen die Aufständischen. Das Lager der Aufständischen wird niedergebrannt, die Rebellen zogen sich vorher ohne große Verluste zurück und sammeln sich in Caraguata (20000 Menschen).
Die Lumber hatte u.a. ein Sägewerk in der Nähe der Bahnstation Calmon errichtet. Es wird von Rebellen niedergebrannt.
1915 Bei seinem Flug zur Unterstützung des Militärs gegen die Aufständischen an der Grenze zwischen den Staaten Parana und Santa Catarina stürzt der erste Pilot der Brasilianischen Armee ab.
Die Jean d'Arc des Waldes, Maria Rosa fällt am 28. März 1915 im Gefecht am Ufer des Flusses Caçadores.
Dezember: Die letzte Hochburg der Aufständischen fällt.
1916 August: Deodato Manuel Ramos, genannt Adeodato, der letzte kämpfende Rebellenanführer wird gefangen genommen und zu dreißig Jahren Gefängnis verurteilt.
Ende des Contestado-Krieges.
1923 Nach offizieller Version versucht der Rebellenanführer Adeodato aus dem Gefängnis zu fliehen und kommt dabei ums Leben.




Stichwörter
Araukarie portugiesisch: pinheiro-do-paraná, auch: Parana-Kiefer, Brasilkiefer, Brasilpinie. → Karte     Floresta ombrófila mistaAraukarie
contestado portugiesisch: herausgefordert
Der Kompaß Ausgabe 7. Jahrgang Nr. 55 vom 9. Januar 1909 enthält auf Seite 1 eine Polemik zu den Rüstungsausgaben in Europa.
Verantw. Redakteur: Emil Heins
In Ausgabe 53 werden die Beziehungen Deutschland - Brasilien behandelt. Die Auswanderung aus Deutschland betreffend wird geraten, das nur Ackerbauern gefragt sind. Handwerkern und Fabrikarbeitern wäre die Einwanderung abzuraten. (Der Kompaß Nr. 53 7.Jg. 2.1.1909)
Tres Barras Gemeinde im Staat Santa Catarina.
Ende 19. Jahrhundert siedelte sich das amerikanische Unternehmen Südbrasilien Lumber & Colonization Company hier an und errichtet das größte Sägewerk Lateinamerikas: Holz aus 180000 ha (1800 qkm) Wald wurden verarbeitet und für die Herstellung von Häusern in die USA exportiert.
Die Company im Jargon nur Holz genannt, hatte ihre eigenen Gesetze und galt als amerikanisches Hoheitsgebiet innerhalb Brasiliens. Der 4. Juli wurde als Tag der amerikanischen Unabhängigkeit gefeiert. In den Araukarienwäldern errichtete die Holz u.a. über 200 Sägewerke. Präsident Vargas verstaatlichte 1938 das ausländische Unternehmen.







Notizen über Zeitgenossen Quellen
João Maria d` Agostini
(1844-1870)
Vermutlich italienischer Herkunft. Wanderprediger und Krankenpfleger, lebte ein sehr einfaches Leben und gewann damit Tausende von Anhängern. Er starb in Sorocaba.(Der sog. erste Mönch)
Atanas Marcaf (?) auch genannt: João Maria de Jesus, vermutlich aus Syrien oder der Türkei. Während der Federalist Revolution 1893 gehörte er zu der Maragato Fraktion. Galt als messianische Gestalt, machte auch Prophezeiungen über politische Ereignisse. Er war aktiv in der Region zwischen Iguaçu und Uruguay. Ein Teil seiner Gläubigen wartete auf seine Rückkehr durch Auferstehung nach seinem Verschwinden im Jahr 1908. (Der sog. zweite Mönch)
José Maria de Santo Agostinho auch: Miguel de Lucena Boaventura (?). Ihm wird nachgesagt, die Frau eines hohen Offiziers von einer unheilbaren Krankheit geheilt, das dafür gebotene Gold jedoch abgelehnt zu haben. Wirkte unter den Armen als Krankenpfleger mit Heilkräutern. Konnte Lesen und Schreiben und hielt die medizinischen Eigenschaften von Heilkräutern in Büchern fest. Soll auch ein von der Polizei gesuchter Soldat gewesen sein. Sammelte 1912 viele neue Anhänger um sich in der Stadt Curibitanos, die später in die Gegend von Irani zogen. Fiel in der ersten militärischen Auseinandersetzung und wurde zum Märtyrer der Bewegung. (Der sog. dritte Mönch)
Maria Rosa Rebellen-Anführerin nach dem Tod Jose Marias in der Stadt Lebon Regis. In der Volkslegende als Jean d'Arc des Waldes bewundert. Maria Rosa soll als Fünfzehnjährige wie ein Mann gekämpft haben. Selbst in Weiß gekleidet und mit Blumen im Haar und am Gewehr ritt sie auf einem weißen Pferd mit kostbarem Geschirr aus Samt. Sie übernahm die religiöse und militärische Führung von 6000 Contestado-Leuten nach dem Tod des Mönchs. Maria Rosa fiel am 28. März 1915 im Kampf (um das Dorf Reinchardt mit 710 Einwohnern?). Maria Rosa starb am Ufer des Flusses Caçadores.(Bekämpfung des Kapitäns Tertullian Potyguara?) Maria Rosa
Siehe auch Bilder unter Stichwörtern Maria Rosa Contestado
Deodato Manuel Ramos (18..-1923) auch: Adeodato. Der letzte kämpfende Rebellenanführer im Tal von Santa Maria. Dort soll er noch an der Spitze tausender Menschen gestanden haben, die jedoch von Hunger und Typhus gekennzeichnet waren. Die Sieger werfen ihm vor, das er autoritär gewesen wäre, eine Übergabe nicht akzeptiert habe und Deserteuren die Todesstrafe androhte. Hielt sich nach der Erstürmung der letzten Siedlung im Dezember 1915 noch acht Monate erfolgreich in den Wäldern versteckt. Nach seiner Gefangennahme August 1916 wurde er zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt, kam aber, so von offizieller Seite, bei einem Fluchtversuch 1923 ums Leben.
Antonio Tavares Rebellenanführer (?)
Chico Ventura Rebellenanführer (?)
Hermes da Fonseca (1855-1923) Brasilianischer Militär und Politiker. Der Neffe des Deodoro da Fonseca, des ersten brasilianischen Präsidenten. Kriegsminister 1906, von 1910 an der 8. Präsident Brasiliens bis 1914. Er konnte sich bei der Wahl als Kandidat von Rio Grande do Sul gegen den Kandidaten von Sao Paulo und Bahia durchsetzen. Koketierte mit monarchistischen Anschauungen, bekämpfte aber während seiner Präsidentschaft die Revolta da Chibata und den Aufstand in der Contestado-Region.
Gustavo Lebon Regis (1874-1930) Deputierter für Bundesstaat Santa Catarina? Verfolgte den 1. Angriff auf Tquarucu, Hochburg der Aufständischen. Das Gebiet war Schauplatz der Kämpfe zwischen Mestizen und Soldaten. Nach ihm benannt die Stadt Lebon Regis. War für das Massaker an Bauern verantwortlich. cidadalebon
Achilles Stenghel Ingenieur beim Bau der Bahnlinie Sao Paulo-Rio Grande. Zeitungsausschnitt 1
Zeitungsausschnitt 1
Ricardo João Kirk (1874 - 1. März 1915 in General Carneiro, nahe dem Bundesstaat Santa Catarina) Erster Pilot des brasilianischen Armee.
Carl Schurz (1829-1906) Präsident der National Civil Service Reform League bis 1901. Bis zu seinem Tode betätigte er sich in der US-amerikanischen Politik als entschiedener Gegner der globalen Orientierung der Außenpolitik unter Präsident Roosevelt, der den Einflussbereich der USA ab 1898 nach Ostasien und Lateinamerika ausdehnte. Schurz war 1898 zusammen mit Mark Twain, William James und George S. Boutwell einer der Mitgründer der American Anti-Imperialist League. Lebenserinnerungen
Präsidenten der Zentralregierung Staatsoberhäupter:
   Afonso Augusto Moreira Pena (1847–1909): 15. November 1906 – 14. Juni 1909
   Nilo Peçanha (1857–1924): 14. Juni 1909 – 15. November 1910
   Hermes Rodrigues da Fonseca (1855–1923): 15. November 1910 – 15. November 1914
   Venceslau Brás Pereira Gomes (1868–1966): 15. November 1914 – 15. November 1918







Notizen über Spekulanten und Bankiers Quellen
Roheisenproduktion 1880 - 1910 Im 19. Jahrhundert galt infolge der Industriellen Revolution Großbritannien als Werkstatt der Welt. Langsam änderten sich jedoch die bestehenden Verhältnisse. Zwischen 1865 und 1914 wurden vom britischen Kapital Wertpapieremissionen aufgebracht, von dem nur 1/3 in Großbritannien selbst investiert wurde. Der größte Teil ging in das Ausland. Etwa 20 % davon zielten auf Lateinamerika, davon ein wesentlicher Anteil nach Argentinien und Brasilien. Das gesamte britische Auslandsguthaben war 1913 anderthalb mal so groß wie das britische BIP. (L5 S.260) Die drei Jahrzehnte vor 1914 waren für internationale Investoren ein buchstäblich goldenes Zeitalter.(L5 S.262) Der neue Konkurrent USA:
Die Abbildung zeigt den qualitativen Sprung der USA in der industriellen Entwicklung hier nur an Hand der Roheisenproduktion. Zwischen 1890 und 1900 setzten sich die Vereinigten Staaten in fast allen damals modernen Industriebereichen und in der landwirtschaftlichen Produktion an die Weltspitze. Damit büßte Großbritannien seine Spitzenposition als Werkstatt der Welt ein.

Percival Farquhar
(1864 - 1953) Amerikanischer Geschäftsmann mit umfangreichen Interessen in Lateinamerika und Russland.
Kaufte 1911 die Abbaurechte an den Eisenerzvorkommen von Itabira in Minas Gerais. Er gründete die Itabira Iron Ore Company, später 1921 belgisches Konsortium Companhia Siderurgica Belgo-Mineira.
Farquhar war auch am Aufbau des Kautschukhafens Belem beteiligt.
Ihm gehörten auch Eisenbahnlinien in Südbrasilien und die Südbrasilien Lumber & Colonization Company. Sein Trust war wesentlich am für ihn sehr profitablen Raubbau in den Araukazienwäldern beteiligt.

Farquhar war Vicepräsident der Atlantic Coast Elektric Railway, der Staten Island Railway und der Guatemala Railway und ein Partner der Compania de Electricidad de Cuba, auch Chef der Rio Light und der Companhia Brasileira Telefonoca
Farquhar soll zwischen 1905 bis 1918 der größte Privatinvestor Brasiliens gewesen und seine Unternehmen von der Regierung besonders begünstigt worden sein.
Auf sein Konto gehen der Tod Tausender Indios mit den zahllosen Vertreibungen der Ureinwohnern, die ökologische Zerstörung ganzer Regionen, stillgelegte Eisenbahnlinien und Werke sowie die Entfachung des Contestado-Krieges.
prüfen: Union Railway Farquhar Brasilien, Zuckerfabriken auf Kuba, Kohlebergwerke in Zentraleuropa.
prüfen: Im Sommer und schließlich Oktober 1914 soll sein Trust pleite gewesen sein.
(L1 S.127)

Wikipedia

Werner Sombart, Die deutsche Volkswirtschaft im neunzehnten Jahrhundert, Berlin 1913










Journalisten / Historiker zum Thema Quellen
W.I. Jermolajew
N.M. Lawrow
Zitat: "Von 1902 bis 1916 tobte in Südbrasilien ein Bauernkrieg, der unter der Bezeichnung Contestado bekannt wurde. Nur mit Hilfe von Truppen und unter Einsatz von Artillerie gelang es den herrschenden Klassen, der Aufständischen Herr zu werden." nach (L2)
Charles A. Gauld "Das Genie der Farquhar lag mehr in seiner Vision und die Fähigkeit, Geld zu erweitern als in der effizienten Verwaltung oder Kostenkontrolle in seiner 38-Unternehmen zu erhöhen." Wikipedia
S. Rubim Der unbekannte Krieg, einer der größten und blutigsten Bauernaufstände in der Menschheitsgeschichte dauerte vier Jahre (1912-1916) und kostete etwa zwanzigtausend Menschenleben. Cangablog 2008
Eunice Sueli Nodari (UFSC)Prof.Dr. am Institut für Geschichte an der Universidade Federal de Santa Catarina (L4)
Miguel Mundstock Xavier de Carvalho (UFSC) Doktorand des Graduiertenkollegs Geschichte an der Universidade Federal de Santa Catarina (L4)





Quellen, Literatur und Links
(L1) S. Rinke, F. Schulze, Kleine Geschichte Brasiliens
(L2) A.A. Guber u.a., Weltgeschichte Bd. 7, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1969 S. 10, 417
(L3) Der Kompaß, Veröffentlichungen des Jahres 1909Der Kompass
(L4) Internet 14.01.15: Alessandro Casagrande, Brazilian Network Umweltgeschichte - RBHA 2015
(L5) Niall Ferguson, Der Aufstieg des Geldes, Bonn 2012
(Abbildung) Roheisenproduktion: H. Lorenz nach Daten aus: Werner Sombart, Die deutsche Volkswirtschaft im neunzehnten Jahrhundert, Berlin 1913 S. 375-376,496
(Abbildung) Die signifikante Änderung des Volumens der Holzexporte seit 1915 ist mit hohem Anteil auf die Aktivität der Südbrasilien Lumber & Colonization Company zurückzuführen. Sonstige Veränderungen nach oben oder nach unten sind auf Auswirkungen von Währungsmanipulationen und Nachfrageveränderungen (hauptsächlich Überproduktion!) zurück zu führen. Pinienholzexport Brasiliens 1911 bis 1920. H.Lorenz nach Zahlen aus (L4)
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Contestado / © Hans Holger Lorenz / beg. 19.08.2014 / Stand: 14. Februar 2015 / WB-To